Aus dem Nichts

2010

5-Kanal-Videoinstallation:
5 Flachbildschirme 27″
5 synchronisierbare Zuspieler
Loop 2 Min 28
Aufnahmeformat: Betacam
ohne Ton
Installation der Bildschirme: kreisförmig an einer Wand
Kamera: Miriam Fassbinder, Istvan Imres, Peter Liste, Till Beckmann
Schnitt: Till Beckmann
Produktion: Clear Fog: Rolf Engel, mediapool: Siegfried Paul
Produktionsleitung: Neli Höfke
Aufnahme von einer 30 m hohen Kranplattform

Videoarbeit über menschliches Fehlverhalten, existenzielle Kreisläufe und Schmetterlingseffekte.

Die Filme der Installation zeigen eine Versuchsanordnung zur Visualisierung der Chaosforschung. Gleichzeitig ironisieren sie unseren Traum von Mobilität.
Die Chaostheorie beschreibt, unter welchen Bedingungen ein System aus den Fugen gerät und wie schnell es in Chaos stürzt. Sie wird angewandt in der Ökologie, der Soziologie, der Medizin, der Wettervorhersage, der Verkehrsforschung etc.
Die Versuchsanordnung ist eine Inszenierung. Sie zeigt aus der Vogelperspektive einen Kreis von ca. 50 Meter Durchmesser mit fahrenden Autos, die versuchen, sowohl die gleiche Geschwindigkeit als auch den Abstand voneinander zu halten. Nach einiger Zeit gerät der Verkehrsfluss ins Stocken und stoppt: ein Stau aus dem Nichts ist entstanden. Irgendwie irgendwann geht es dann weiter.
Der Grund für diesen sogenannten Phantomstau ist menschliches Fehlverhalten. Zu dichtes Auffahren führt zu einem abrupten Abbremsen. Das übermäßige Bremsen verstärkt sich von Fahrzeug zu Fahrzeug nach hinten, bis das erste Auto zum Stillstand kommt. Der Stau bewegt sich entgegen der Fahrtrichtung, somit weiß der Verursacher nichts von dem, was er in Gang gesetzt hat. So wie Chaosforscher berechnen, dass schon der „Flügelschlag eines Schmetterlings in der Karibik einen Herbststurm in Mitteleuropa“ auslösen kann, genügt auch auf Straßen eine kleine Ursache für eine große Wirkung. Ein zu kräftiges Bremsen im falschen Augenblick lässt das System vom flüssigen in den festen Aggregatzustand kippen.

Da sich in der Installation die PKW-Kolonne zu einem Kreis schließt, ergibt sich ein Zusammenhang zwischen menschlichem Fehlverhalten und unendlichem Zyklus. Der Kreis ist die überzeugendste Denkfigur eines sich selbst organisierenden Systems, als das man auch den Phantomstau bezeichnen kann. Wir alle befinden uns in Kreisläufen – Hamsterrad oder Teufelskreis (auch circulus vitiosus, lat. für „fehlerhafter Kreis“ genannt) – aus denen wir nur schwer ausbrechen können.